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Aktivitäten - Kooperationen und Veranstaltungen

Die Geschichte eines langen Weges

Nordkirche präsentiert neue Handreichung zur Frauenordination

Bischöfin Fehrs hält das Grußwort

 

Im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung wurde am Montag, den 15. Februar 2016 die Handreichung „Zusammen Wachsen. Wege zur Frauenordination auf dem Gebiet der heutigen Nordkirche“ in der Universitätskirche in Kiel feierlich präsentiert.

Die 104-seitige Schrift zeichnet interessant und umfassend die Entwicklung der Frauenordination in den ehemaligen Landeskirchen der 2012 gegründeten heutigen Nordkirche nach.

Die Handreichung entstand als gemeinsames Projekt der Beauftragten für Geschlechtergerechtigkeit in der Nordkirche, Stephanie Meins, und Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong (Theologische Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel). An der Präsentation wirkten neben der Autorin Ronja Hallemann auch Bischöfin Kirsten Fehrs (Sprengel Hamburg und Lübeck) sowie Dr. Simone Mantei vom Studienzentrum der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Genderfragen mit.

Mitwirkende bei der Präsentation der Handreichung, v.li. Prof. Dr. Pohl Patalong, Stephanie Meins, Dr. Simone Mantei, Susanne Sengstock, Ronja Hallemann, Bischöfin Fehrs

Stephanie Meins, die Beauftragte für Geschlechtergerechtigkeit der Nordkirche: „Ich bin sehr dankbar, dass Professorin Uta Pohl-Patalong die Idee zu diesem Projekt aufgegriffen und das Projekt wissenschaftlich geleitet hat. Mit der Autorin Ronja Hallemann haben wir eine engagierte Frau gefunden, die innerhalb kurzer Zeit viele Daten und Fakten wissenschaftlich in einem größeren Zusammenhang gestellt hat. Durch Quellenforschung in den Landeskirchlichen Archiven der Nordkirche und der Sichtung von Akten und Gesetzestexten ist ein gut lesbares Werk zur Geschichte der Frauenordination entstanden“, so Meins.
<b>Unterschiedliche Entwicklungen in den Landeskirche</b>
Die Ergebnisse in Kurzform: Nach dem Kampf in den 1920er-Jahren um die Zulassung von Frauen zum Hochschulstudium sollte auch die Zulassung der studierten Theologinnen in die kirchliche Berufswelt erfolgen. So erfahren die Leserinnen und Leser etwas über die unterschiedlichen Entwicklungen in den einzelnen Landeskirchen. Vom zähen Ringen in der Hamburgischen Landeskirche über Gleichstellung vom Frauen im Pfarrberuf und der Verzögerungstaktik der damaligen Kirchenleitung ist zu lesen. Demgegenüber agierten die Landeskirchen in Pommern und Mecklenburg vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges sehr pragmatisch. Zahlreiche Einzelfälle führten zu einem Umdenken. So liegt für die Autorin die These nahe, dass das gesellschaftliche, sozialistisch geprägte Vorbild der arbeitenden Frau sowohl das Selbstbewusstsein der Theologinnen als auch ihre Arbeitssituation in den Gemeinden positiv beeinflusste.

Autorin Ronja Hallemann. Heute sind Frauen auf der Kanzel eine Selbstverständlichkeit

Mit Elisabeth Haseloff wurde im Jahr 1958 durch die Evangelisch-Lutherische Kirche in Lübeck die erste Pastorin innerhalb der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands auf eine Pfarrstelle ordiniert. In der Eutiner Landeskirche dagegen verabschiedete man bis zu ihrem Aufgehen in der Nordelbischen Kirche nicht ein einziges Theologinnengesetz.

 

Bischöfin Fehrs würdigte die Publikation als wichtigen Beitrag zur Kirchengeschichte: „Frauen auf der Kanzel sind heute in der evangelischen Kirche eine Selbstverständlichkeit. Pastorinnen sind aus den Gemeinden, aus kirchenleitenden Ämtern sowie aus den Diensten und Werken nicht mehr wegzudenken. Daneben sind sie auch gesamtgesellschaftlich Wegbereiterinnen für die Gleichberechtigung, die heute vielen als selbstverständlich erscheint. Doch der Weg der Theologinnen hin zu den so genannten Pfarrerinnengesetzen war ganz unterschiedlich lang und beschwerlich. Ich bin sehr dankbar für diese Handreichung, die mit vielen Abbildungen ein anschauliches Bild aus den ehemaligen Landeskirchen der heutigen Nordkirche zeichnet.“
<b>Stephanie Meins: Lücke für das Selbstverständnis der Nordkirche schließen</b>
Stephanie Meins ergänzt: „Im Fokus der Handreichung steht zum einen die Spannung zwischen der Selbstverständlichkeit von Frauenordination für unseren Kontext heute und die relativ kurze Zeit, in der das erst möglich ist, sowie der Blick auf die Argumentationsmuster und Schwierigkeiten von damals, die auch heute manches erhellen. Ferner wird mit dem aktuellen Projekt eine wichtige Lücke für das Selbstverständnis der Nordkirche geschlossen. Die Untersuchung und Beschreibung der Wege zur Einführung der Frauenordination in den damaligen sechs Landeskirchen in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein ist in dieser Ost-West Konstellation zudem einmalig und trägt damit zum Zusammenwachsen bei.“
Stephanie Meins, Beauftragte für Geschlechtergerechtigkeit in der Nordkirche
Fotos: Karin Nitz

 

 

Ausstellung im Landeskirchenamt

 

„Gender“ im Religions- und Konfirmandenunterricht

Didaktische Kompetenz durch subjektive Relevanz

Am 8. Mai 2015 eröffnete das Landeskirchenamt (LKA) eine Ausstellung zum Thema „Gender im Religions- und Konfirmandenunterricht“, die noch bis Anfang Juli besucht werden kann. Studierende der Theologischen Fakultät der Christian-Albrecht-Universität in Kiel präsentierten ihre Seminararbeiten, die unter der Seminar-Leitung von Frau Prof. Dr. Pohl-Patalong (Institut für Praktische Theologie) gestaltet wurden.

Die Ausstellung als Kooperation von Landeskirchenamt und der  Christian-Albrechts-Universität in Kiel entstand auf Initiative von Frau Stephanie Meins, Beauftragte für Geschlechtergerechtigkeit der Nordkirche.

„Geschlechtergerechtigkeit bedeutet, bei allen gesellschaftlichen oder kirchenpolitischen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern, von Mädchen und Jungen zu berücksichtigen“, sagt Stephanie Meins. Daher sei es umso wichtiger, dass die Genderkategorie auch Berücksichtigung im Religions- und Konfirmationsunterricht fände. Meins weiter: „Für den schulischen Kontext gilt, dass aus der Haltung sowie den Überzeugungen und Annahmen von Lehrenden bestimmte Erwartungseffekte resultieren, welche sich wiederum auf die Qualität des Unterrichts auswirken.“ Geschlechterstereotypische Erwartungen an Jungen und Mädchen würden sich nicht nur auf die Unterrichtsgestaltung der Lehrenden, sondern auch auf die Leistung  und das Selbstkonzept der Lernenden auswirken.

Um zu sehen, wie Jugendliche überhaupt für eine gleichberechtigte, genderorientierte Wahrnehmung der Geschlechter sensibilisiert werden und mit welcher Haltung die Lehrenden dies unterstützend begleiten können, galt es zunächst, eine Bestandsaufnahme der Einflüsse zu erstellen, die Kinder, Jugendliche und Erwachsene täglich umgeben. Die Studierenden, die meist mit dem Landeskirchenamt ausschließlich Prüfungssituationen verbinden, erzählten in entspannter Atmosphäre von ihrer praxisorientierten Heran-gehensweise an die Thematik: In Supermärkten und Buchhandlungen wurde das Sortiment untersucht, filmisches Werbematerial analysiert, „Gender-Switching“ ausprobiert und die Teilnahme an einem „Frauen Power Abend“ im Baumarkt gewagt (übrigens offensichtlich ein tolles Erlebnis!).

 

 

Das Ergebnis ihrer Untersuchungen zeigt ein ambivalentes Bild:

Während in vielen Bereichen einerseits eine zunehmende Sensibilität für Genderfragen zu erkennen ist, gilt andererseits der Grundsatz, dass Geschlechterstereotypen in vertrauten (überkommenen?) Rollenmustern den wirtschaftlichen Umsatz garantieren. Beispiel Parfumwerbung: männlicher, rauer Typ (Eroberer) trifft auf sinnliche, weibliche (hilflose) Schönheit. Und wussten Sie schon, dass es Kinderfruchtquark für Mädchen (Motiv Prinzessin) und Jungen (Motiv Entdecker) gibt? Auch Überraschungseier, Säfte und Bonbons reihen sich hier fröhlich ein. Zu nennen sind auch die Kinderbücher, die manche genderbewusste Überlegung von Eltern und Erziehern zunichtemachen: Seeräuber versus Prinzessin heißt hier noch allzu oft die Alternative.

 

Stereotype Erwartungen beeinflussen Leistung und Selbstkonzept

Problematisch ist also, dass gerade Heranwachsende, die ihre eigene Rolle erst finden müssen und sich daher immer an ihrem Umfeld orientieren, durch vielerlei Einflüsse eher angehalten werden, bestehende Rollenmuster zu kopieren als neue und anders gefüllte für sich zu entdecken.

Dass sich hier noch einiges zum Positiven verändern sollte, liegt auf der Hand. Dass es sich jedoch auch lohnt, hier „am Ball“ zu bleiben und die Entwicklung zu mehr Geschlechtergerechtigkeit interessiert mitzuverfolgen und bestenfalls auch mitzugestalten, das haben die Studierenden in eindrucksvoller Weise mit ihren Bildern deutlich gemacht.

Karin Ivy Nitz

Sekretariat  Geschlechtergerechtigkeit

 

Die Tutor_innen Sarah von Dylen, Saskia Eisenhardt und Sebastian Hasler unterstützten die Umsetzung des Seminars